Kronos und Kairos

 

 

Im Griechischen gibt es zwei verschiedene Worte für Zeit, nämlich KRONOS und KAIROS.

 

Kronos umfaßt die Abfolge der Zeit, ihren chronologi- schen Ablauf. Um diesen nebulösen Begriff „Zeit“ für uns besser verständlich und über­schaubar zu machen, teilen wir das ganze Quantum sozusagen in „Portionen“ ein, die wir mit Uhr und Kalender messen können. Kronos beschreibt somit die Quantität der Zeit.

 

In Unterscheidung dazu gibt es den Begriff Kairos. Auch diese Be­zeichnung ist ein Name für die Erscheinung der Zeit. Doch handelt es sich hier um die Qualität eines beliebigen Zeitpunktes oder Zeit­raumes.

 

Diese besondere Zeitspanne, der „günstige Moment“, ist sozusagen „er­füll­te Zeit“, was voraussetzt, daß wir die Chance dieses Augen­blicks erkennen und diese Zeit erfüllen, sie sinnvoll ausfüllen.

 

 

 

 

 

 

 

Kairos oder der günstige Augenblick

 

 

 

Der jüngste Sohn des Zeus ist KAIROS, der Gott des rechten Augenblicks und der günstigen Gelegenheit.

 

 

Bei allen Investment-Entscheidungen (und nicht nur bei diesen!) geht es darum, die günstigen Gelegenheiten von den scheinbar ungünstigen zu unterscheiden. Das erfor- dert fundierte Kenntnisse, lange Erfahrung, eine geeignete Infrastruktur und eben jenen Sinn für die günstige Gele- genheit.

 

 

 

 

Poseidippos von Pella

nennt die Attribute von KAIROS:


 

 

 

Er steht stets auf den Zehenspitzen,


weil er seiner Natur nach flüchtig ist.

 

Er hat geflügelte Füße,


weil er mit dem Wind fliegt.

 

Er hält ein Rasiermesser in der Hand,

 

weil es schärfer ist als jede andere Klinge.

 

Er trägt eine Stirnlocke,


weil die günstige Gelegenheit nur von vorn ergriffen werden kann.

 

Er hat einen kahlen Hinterkopf,


weil man sie von hinten nicht beim Schopfe packen kann.



 

Wenn KAIROS der günstige (flüchtige) Moment ist, so bleibt die Frage, ob es auch einen ungünstigen derartigen Moment gibt.

Den scheint es tatsächlich zu geben; in diesem Fall werden Fehlentscheidungen getroffen, mit ebenso weit reichenden Folgen. Dahinter steckt oft eine ei- gene Unsicherheit hinsichtlich des persönlichen Wil- lens. Wenn meine Ziele klar konturiert vor meinen Augen stehen, dann stimme ich mich auf das, was zu erreichen ich mir sehnlichst wünsche, mit allen Fa­sern ein. Dann werde ich auch die „Zeichen der Zeit“ (eben des KAIROS) erkennen und sie zu deu- ten wissen. Wenn ich mich aber von Fanatismus getrieben verkrampfe oder auch in unbestimm­tem, unrealistischem Wünschen mir lediglich etwas er- träume, dann verstellt mir dies sowohl eine klare Sicht und Einschätzung der Situation wie ebenso ein Erkennen und Ergreifen hilfreicher kosmischer Kräfte und Fingerzeige.


Es ist etwa so wie in jener Geschichte von der gro- ßen Flut. Ein Bauer, bereits auf dem Dach seines Hauses sitzend, ruft Gott um Hilfe an, der sie ihm auch zusagt. Nacheinander schickt Gott ein Boot, ein Floß und einen Hub­schrau­ber, die den Bedroh- ten aus der Gefahrenzone holen sollen. Jedesmal lehnt der Bauer ab mit der Berufung auf Gottes Zu- sage, wobei er sich auf dessen persönliche Hilfe be- ruft.

Der Bauer ertrinkt und zieht nach seinem Tod Gott zur Rechenschaft, weshalb der ihm nicht geholfen habe. Gott öffnet dem Bauern schließlich die Augen für die wahren Verhältnisse der Dinge.

 

Sich auf einen günstigen Moment einzustimmen, ihn für sich verfügbar und nutzbar zu machen, das kann unter Umständen vielleicht auch einmal  bedeuten, sich GEGEN etwas zu entscheiden, indem man gerade nichts tut.

Auch auf diese passive Weise kann man sich mit dem betreffenden KAIROS "kurzschließen".